Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Mehrere Menschen stehen hinter verschiedenen Backwaren. Verarbeitung essbarer Insekten für eine verbesserte Ernährungslage - Teilprojekt 1 Brot mit Insektenprotein in Madagaskar. Quelle: Rakotonantoandro

Welternährungstag: Mit Insekten die Eiweißversorgung von Menschen verbessern

In Südostastien und Subsahara-Afrika laufen zwei Forschungsprojekte für eine bessere Nutzung und Verwertung von essbaren Insekten, um chronischer Mangel- und Fehlernährung vorzubeugen. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) betreut die beiden Verbundvorhaben "IFNext" und "PROCINUT" als Projektträger.

Vor dem Hintergrund des weltweiten Bevölkerungswachstums sind nachhaltige und kostengünstige Proteinquellen gefragt. Insekten bieten hier ein großes Potential: Sie enthalten viel Eiweiß sowie wichtige ungesättigte Fettsäuren und andere Mikronährstoffe. Zudem ist die Aufzucht von Insekten ressourcenschonender und platzsparender als die Erzeugung von Fleisch.

Insbesondere in Regionen, die von chronischer Mangel- und Fehlernährung betroffen sind, können essbare Insekten daher die Ernährungssituation der lokalen Bevölkerung effizient und umweltfreundlich verbessern. Durch die kleinbäuerliche Insektenzucht und -verarbeitung können sich Familien nicht nur selbst mit Eiweißen versorgen, sondern auch zusätzliches Einkommen generieren.

Jedoch sind für die erfolgreiche Ausweitung der Insektenzucht und -verarbeitung noch einige Fragen offen: Wie können die lokalen Aufzuchtbedingungen optimal gestaltet werden? Wie können Insekten sicher weiterverarbeitet werden? Und wie kann die Akzeptanz der Konsumentinnen und Konsumenten für Insektenprodukte erhöht werden? Die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten und von der BLE betreuten internationalen Projekte "PROCINUT" und "IFNext" tragen zur Beantwortung dieser Fragen bei.

Das Projekt PROCINUT: Verarbeitung essbarer Insekten für eine verbesserte Ernährungslage in Madagaskar und Myanmar

Das Projekt PROCINUT erforscht Aufzucht- und Verarbeitungstechnologien lokaler Insektenarten in Madagaskar und Myanmar. Ziel ist es, sichere und nahrhafte Endprodukte herzustellen, welche saisonale Lücken in der Nahrungsmittelversorgung schließen, somit die Ernährungssicherung von Haushalten erhöhen und die Einkommenssituation in Armut lebender Frauen in Madagaskar und Myanmar verbessern.

In dem internationalen Verbundprojekt arbeiten das Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und das Internationale Zentrum für nachhaltige Entwicklung der Hochschule Bonn Rhein Sieg eng zusammen mit neun Forschungsinstitutionen, Universitäten und lokalen Akteuren in Thailand, Myanmar, Madagaskar und Kenia. Diese Süd-Süd-Kooperation ermöglicht es den Projektpartnern, hilfreiches Wissen aus dem in Südostasien fortgeschrittenen Insektenproduktions- und Verarbeitungssektor auch in Afrika zu nutzen und weiterzuentwickeln.

Durch Aufzucht- und Fütterungsversuche konnten im Rahmen des Projekts bereits die optimalen kleinbäuerlichen Produktionsbedingungen für die in Madagaskar verbreitete Zweipunktgrille ermittelt werden. Außerdem wurde der hohe Nährwert der heimischen Roten Wanderheuschrecke festgestellt und Weiterverarbeitungsmöglichkeiten untersucht. Mit Heuschreckenmehl angereicherte Backware fand in Madagaskar beispielsweise hohen Anklang.

In südostasiatischen Ländern werden fermentierte Schrimp-Pasten und -Saucen, zum Beispiel das traditionelle Produkt "Nga Pi", zum Würzen von Gerichten verwendet. Da die Fermentation und damit Haltbarmachung von Insekten auch auf Haushaltsebene eine leicht anwendbare Technik ist, wird hier ein großes Potential gesehen. Daher wurde im PROCINUT-Projekt eine insektenbasierte fermentierte Grillenpaste "Nga Pi" hergestellt und bei der Zubereitung traditioneller myanmarischer Gerichte durch Verbraucherinnen und Verbraucher erfolgreich getestet. Auch andere Arten traditioneller fermentierter Produkte wie zum Beispiel Fischsoße sollen noch aus Insekten hergestellt und getestet werden. Das Projekt läuft bis Ende 2022.

Mehr Informationen zum Projekt: Verarbeitung essbarer Insekten für eine verbesserte Ernährungslage - Teilprojekt 1 (Processing edible insects for improved nutrition - PROCINUT - Subproject 1)

Das Projekt IFNext: Nachhaltige Insektenzucht und -haltbarmachung in Kambodscha und Thailand

Auch das IFNext-Projekt arbeitet daran, neue Wege zur nachhaltigen kleinbäuerlichen Insektenzucht und -verarbeitung zu beschreiten. Es sollen sichere Insektenprodukte für den Selbstverzehr und die Vermarktung entwickelt werden. Deshalb werden im Rahmen des Projekts auch Nährstoffprofile untersucht und mikrobiologische Untersuchungen zur Qualitätskontrolle der neuen Lebensmittel durchgeführt. Dafür haben sich in diesem internationalen Verbundprojekt die Tierärztliche Hochschule Hannover (LMQS) sowie Forscherinnen und Forscher aus vier Forschungseinrichtungen in Kambodscha und Thailand zusammengeschlossen.

Gemeinsam mit 40 Familien in Thailand und Kambodscha, die schon als Insektenbauern und -bäuerinnen arbeiten, hat das Projekt IFNext sogenannte "Aufzucht-Einsteigerpakete" entwickelt und verteilt. Diese sind, mit kleineren baulichen Anpassungen an die landestypischen Bedingungen, universell für die Insektenzucht einsetzbar. Die Zuchtversuche im IFNext-Projekt brachten essbare Insekten hervor, die einerseits den Speiseplan der Familien bereichern und andererseits die Herstellung vermarktungsfähiger Produkte ermöglichen.

Die hergestellten Produkte wurden bezüglich ihrer Akzeptanz bei Bevölkerung und Züchtenden, der Sensorik und der Nährstoffzusammensetzung evaluiert. In allen Untersuchungsregionen waren neue Produkte aus Insektenmehlen und Insektenbrei der Favorit. Würzige Kräcker oder Nudeln aus Maniok und Grillen, frittierte, süße oder salzige Snacks und Insektenchips, Falafel und Klößchen sowie Backwaren trafen auf breite Akzeptanz bei den Verköstigungen. Durch die Verarbeitung wurde Konsumentinnen und Konsumenten der Zugang zu Insekten als Nahrungsmittel erleichtert, da sie als solche nicht mehr erkennbar sind. Um die Haltbarkeit und Lebensmittelsicherheit von Insektenmehlen sicherzustellen, finden noch weitere Tests und Beprobungen statt. Das Projekt läuft noch bis Ende 2022.

Mehr Informationen zum Projekt: Insektenzucht vorangebracht. Förderung der nachhaltigen Insektenzucht und-haltbarmachung in Kambodscha und Thailand zur Verlängerung der Haltbarkeit und Herstellung innovativer Lebensmittel unter Verwendung lokaler Ressourcen zur Bekämpfung der Fehlernährung, insbesondere bei Müttern und Kindern (Bringing Insect Farming to the Next Level - IFNext)

BMEL fördert internationale Forschung zu Welternährung

Auch über die beiden dargestellten Projekte hinaus fördert das BMEL internationale Forschungszusammenarbeit im vielschichtigen Themenkomplex Welternährung. Ziel ist es, durch Forschungskooperationen zwischen deutschen Forschungseinrichtungen und solchen in Subsahara-Afrika sowie Süd- und Südostasien, bedarfsorientierte Erkenntnisse und Lösungsansätze zu erarbeiten.

Zudem sollen die interregionale Zusammenarbeit und der länderübergreifende Wissensaustausch die Entwicklung wissenschaftlicher Netzwerke stärken, langfristige Partnerschaften etablieren und einen Beitrag zur Weiterentwicklung von Kapazitäten vor Ort (Capacity Development) leisten. Grundlegend ist dabei die Anwendung partizipativer, praxis- und anwendungsorientierter sowie inter- und transdisziplinärer Forschungsansätze. Der Projektträger BLE ist dabei im Auftrag des BMEL für die administrative Bearbeitung und fachliche Begleitung der internationalen Forschungsprojekte verantwortlich.