Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Rechtliche Grundlagen der Ernährungssicherstellung und Vorsorge

Deutschland ist als Mitglied der Europäischen Union und des Nordatlantikpakts in internationale Verträge eingebunden. Diese Verträge beinhalten aber keine verbindlichen Regelungen über Hilfeleistungen für den Fall von Krisen in der Lebensmittelversorgung. Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung in Krisenfällen liegen in Deutschland – wie auch bei allen anderen Mitgliedstaaten der genannten Verträge - allein in nationaler Verantwortung und Zuständigkeit.

Mit dem Gesetz über die Sicherstellung der Grundversorgung mit Lebensmitteln in einer Versorgungskrise und Maßnahmen zur Vorsorge für eine Versorgungskrise, kurz Ernährungssicherstellungs- und –vorsorgegesetz (ESVG) (Bundesgesetzblatt I 2017 Seite 772) wurden verteidigungsbezogene und nicht verteidigungsbezogene Regelungen für Notsituationen im Ernährungsbereich zusammengeführt.

Es schafft für den unwahrscheinlichen, aber nicht gänzlich auszuschließenden Fall einer Krise bei der Versorgung mit Lebensmitteln die erforderlichen Instrumente, um eine Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln gewährleisten zu können.

Einheitliche Auslöseschwelle für die Anwendbarkeit der Sicherstellungsinstrumente ist die Feststellung einer Versorgungskrise durch die Bundesregierung.

Die im Gesetz enthaltenen Verordnungsermächtigungen erlauben es dem zuständigen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), im Bedarfsfall eine den Umständen des jeweiligen Krisenfalls angepasste hoheitliche Bewirtschaftung von Lebensmitteln und verwandten Erzeugnissen einzuführen. Zu diesem Zweck können insbesondere Regelungen über die Produktion, den Bezug oder die Zuteilung von Lebensmitteln erlassen werden.

Damit die zuständigen Behörden auch bei sehr kurzfristig eintretenden Krisenszenarien handlungsfähig sind, enthält das Gesetz darüber hinaus einstweilige unmittelbare Eingriffsbefugnisse der zuständigen Behörden. Die zentrale Herausforderung bei diesen Szenarien liegt darin, verfügbare Lebensmittel trotz etwaigen Ausfalls weiterer Infrastrukturen (Energie, Transport, Arbeitskräfte) schnell, gleichmäßig und sicher an die Bevölkerung zu verteilen. Die hierzu vorgesehenen Befugnisse sollen ermöglichen, dass die zuständigen Behörden einzelne Betriebe der Agrar- und Ernährungswirtschaft einstweilig in Anspruch nehmen können, soweit dies zur Bekämpfung einer Versorgungskrise erforderlich ist.

Die Länder führen das ESVG als eigene Angelegenheit aus und bestimmten die für die Durchführung zuständigen Behörden. Soweit Regelungen nach ESVG der Verteidigung dienen, handeln die Länder im Auftrag des Bundes. In diesem Fall hat der Bund umfassende Weisungsrechte.

Die Rolle der BLE

Die BLE ist auf Bundesebene zuständige Behörde für die Ausführung des ESVG sowie auf Grund des Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen (§ 2 ESVG), soweit es sich um zentral zu erfüllende Aufgaben handelt (§ 3 ESVG). Im Fall einer Versorgungskrise können dies z. B. Aufgaben im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Lebens- und Futtermitteln sowie zu deren Herstellung und Behandlung erforderlicher Betriebsmittel sein.

Das ESVG (§ 12) verpflichtet die zuständigen Behörden bei Bund und Ländern Vorkehrungen zu treffen, um im Fall einer Versorgungskrise die Ausführung des Gesetzes bestmöglich sicherzustellen. Dies setzt regelmäßige Schulungen und Übungen voraus. Zu diesem Zweck führt die BLE Seminare zum Risiko- und Krisenmanagement in der Lebensmittelversorgung für Fach- und Führungskräfte aus Behörden und Organisationen durch und beteiligt sich an Fachseminaren der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Mit der Bevorratung von Lebensmitteln im Haushalt kann die Bevölkerung zur Vorsorge für den Fall einer Krise beitragen. Die Förderung des Selbstschutzes gehört zum gesetzlichen Auftrag von Bundes und Ländern (§ 14 ESVG). Die BLE betreibt hierzu das Portal www.ernaehrungsvorsorge.de, das über die Vorratshaltung im Haushalt informiert.

Nach Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetzes führt der Bund (koordiniert durch das Bundesministerium des Innern und das BBK) ressortübergreifende Risikoanalysen im Bevölkerungsschutz durch. Hierbei werden Gefahren bzw. Szenarien untersucht, bei deren Bewältigung der Bund in besonderer Weise gefordert sein kann. In diesem Zusammenhang wurden z. B. Risikoanalysen zu Hochwasser, außergewöhnlichem Seuchengeschehen und der Freisetzung radioaktiver Stoffe aus einem Kernkraftwerk durchgeführt und die Ergebnisse veröffentlicht (Bundesdrucksache). Die BLE ist als mandatiertes Mitglied des Arbeitskreises an der Durchführung der Risikoanalysen beteiligt, indem sie die speziellen Auswirkungen auf den Agrarsektor sowie die Lebens- und Futtermittelversorgung untersucht.

Weitere Aufgaben ergeben sich aus dem Verkehrsleistungsgesetz (Bundesgesetzblatt I 2004 Seite 1865). Naturkatastrophen, besonders schwere Unglücksfälle oder eine wirtschaftliche Krisenlage können zu erheblichen Engpässen beim Transport von Personen und Gütern führen. In diesem Fall ist die BLE für den Bund als Bedarfsträger berechtigt, Transportleistung gemäß Verkehrsleistungsgesetz anzufordern.